Leben

Freiwilligenjahr – Ja, Nein, Vielleicht?

Wer hier öfter unterwegs ist, weiß, dass ich derzeit einen Bundesfreiwilligendienst mache.
Nun befinden wir uns ja wieder in der Zeit, in der man sich Gedanken machen muss, wie es nach der Schule weitergehen soll und auch der ein oder andere Student und Ausgebildete hat vielleicht Interesse an so einem Freiwilligenjahr.
Deshalb erzähle ich heute einfach mal ein bisschen von meinen Erfahrungen und auch Eindrücken, die ich durch andere Freiwillige gewonnen habe.

FSJ, BFD, FÖJ… – Der Dschungel der Freiwilligenjahre

Wenn ihr denkt, mit einem „Ja“ zu einem Freiwilligenjahr ist die Sache erledigt und ihr schickt nur noch eure Unterlagen irgendwo hin, dann liegt ihr falsch. Es gibt mittlerweile so viele verschiedene Möglichkeiten, dass man den Überblick nicht nur leicht verliert, sondern höchstwahrscheinlich gar nicht erst bekommt.
Am häufigsten hört man wohl vom FSJ, dem Freiwilligen Sozialen Jahr. Davon gibt es noch die Form mit dem Ö – ein ökologisches Jahr – und mit dem K – ein kulturelles Jahr. Wenn man sich die Begriffe mal auf der Zunge zergehen lässt, wird klar: So ein Freiwilligenjahr kann man so ziemlich überall machen. Und dann gibt es noch den Bundesfreiwilligendienst, kurz BFD. Den kann man auch so ziemlich überall machen.

Also was ist der Unterschied? Es beginnt eigentlich recht einfach: Wir müssen zwischen Träger und Einsatzstelle differenzieren. Als Freiwilliger ist man nicht bei Einrichtung XY angestellt, sondern bei einem Träger. Damit wird es jetzt kompliziert.
Ein Beispiel aus meinen Erfahrungen: Ich mache einen BFD und mein Träger ist die Stadt Jena. Eine Freundin von mir macht ebenfalls einen BFD, ihr Träger ist irgendetwas, das ich schon wieder vergessen habe. Eine weitere Freundin macht ihren BFD im Klinikum und Träger ist auch direkt das Klinikum.
Dreimal BFD, drei Träger. Und über keinen dieser Träger kann man ein FSJ/FÖJ/FKJ machen. Das läuft nämlich wieder anders und an dieser Stelle kann ich euch leider nicht weiterhelfen, weil ich in der Richtung keine Kenntnisse habe.
Beim BFD schließe ich meinen Vertrag übrigens nicht mit dem Träger. Der kümmert sich zwar um alles, aber der eigentliche Vertragspartner ist das BAFzA, das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben.
Wenn ihr euch also für ein Freiwilligenjahr entscheidet, habt ihr zwei Möglichkeiten:
Entweder, euch ist das Drumherum nicht so wichtig und ihr möchtet euer Freiwilligenjahr genau in dieser einen bestimmten Einsatzstelle machen. Dann informiert euch am besten direkt in der Einsatzstelle, an wen ihr euch bezüglich Bewerbung und Papierkram wenden müsst.
Oder ihr entscheidet euch für eine bestimmte Form des Freiwilligenjahres, informiert euch über örtliche Träger und schaut dann, welche Einsatzstellen angeboten werden.
Wie umfangreich so eine Bewerbung ausfällt, hängt dann vom Träger ab.
Mein Weg sah so aus: Ich hatte mich für einen BFD mit der Stadt Jena als Träger entschieden. Also bin ich die Liste der Einsatzstellen durchgegangen und habe anschließend meine Bewerbung für die Stellen A, B und C an die Kontaktadresse geschickt.
Rechnet damit, dass ihr nicht der einzige Bewerber seid – meldet daher am besten Interesse für mehrere Stellen an und bereitet euch mental schon mal darauf vor, Vorstellungsgespräche zu haben.

Bezahlung, Aufgaben, Pflichten… – Das Drumherum

Bekommst du dafür auch Geld? Und wie viel verdienst du da?
Die Fragen, die ich am häufigsten zu hören bekomme. Die Antwort ist abhängig von der Form des Freiwilligenjahres, lautet aber in jedem Fall: Ja, ich bekomme Geld, verdiene jedoch nichts.
Ein Widerspruch in sich? Nein. Ganz simpel ausgedrückt: Würde ich Geld verdienen, stünde mir mittlerweile der gesetzliche Mindestlohn zu und da Freiwillige meist Vollzeit arbeiten, käme da eine ordentliche Summe zusammen. Da könnte man mich auch gleich richtig anstellen, ohne den umständlichen BFD-Weg. Unterm Strich verdiene ich tatsächlich gar nichts. Was bekomme ich dann also doch für Geld?
In meiner Dienstvereinbarung wird es Taschengeld genannt. Ein Betrag, den ich monatlich von meinem Träger ausgezahlt bekomme und den die Einsatzstelle erhöhen kann, wenn sie möchte. Eine genaue Zahl brauche ich euch also gar nicht nennen – jeder Freiwillige bekommt unterschiedlich viel Geld. Von viel ist dabei natürlich nicht die Rede. Ich kenne jemanden, der für seinen Job neben dem Studium mit maximal zwanzig Wochenstunden monatlich mehr Geld bekommt als ich. Ich könnte davon niemals leben. Die Begründung ist eigentlich logisch: Soll ich ja auch nicht. Das Geld ist eine Art Aufwandsentschädigung für eine freiwillige Tätigkeit, ähnlich einem Ehrenamt. Aus dieser Perspektive betrachtet, bekomme ich fast schon viel Geld.

Für mich spielt das Geld auch nicht die vordergründige Rolle. Es ist schön, welches zu bekommen, aber hauptsächlich geht es mir um die Arbeit. Das sagt sich sehr schön, wenn man in der glücklichen Lage ist, nicht auf das Geld angewiesen zu sein. Ich wohne noch bei meinen Eltern, also habe ich kaum Ausgaben, die wirklich nötig sind und kann mein „verdientes“ Geld verwenden, wofür ich möchte. Eine Freiwillige, die ich kenne, hat ein abgeschlossenes Bachelorstudium und macht jetzt einen BFD, um Praxiserfahrung zu sammeln. Sie wohnt in ihrer eigenen Wohnung, für die sie Miete und Nebenkosten zahlen und auch sonst ihre Lebenshaltungskosten selbst tragen muss. Woher nimmt sie das Geld? In solchen Fällen kann man Wohngeld und noch andere Unterstützungsmöglichkeiten beantragen. Das bedeutet zwar eine Menge zusätzlichen Papierkram, aber so wird gewährleistet, dass wirklich jeder einen Freiwilligendienst machen kann.

(Die Zeichnung entstand an einem Seminartag (dazu gleich mehr) als kleine kreative Aufgabe.)
Ich hatte ja schon erwähnt, dass ich Vollzeit, also 40 Stunden in der Woche, arbeite. Das lässt sich aber nicht generell auf alle Freiwilligen übertragen. Beim BFD gibt es eine Unterscheidung von Freiwilligen unter und über 27 Jahren. Unter 27 Jahren arbeitet man in der Regel Vollzeit, je nach gesundheitlicher Verfassung. Über 27 Jahren ist auch Teilzeitarbeit möglich. Übrigens ist die Altersgrenze nach oben offen, ein BFD ist somit zum Beispiel auch für Senioren eine Option.
Wie meine Arbeit dann genau aussieht, hängt natürlich von meiner Einsatzstelle ab. Aus meiner Perspektive engagiere ich mich in der Einsatzstelle, lerne dazu und bringe eigene Ideen in den Arbeitsalltag ein. Aus der Sicht der Einsatzstelle bin ich Unterstützung, nehme Arbeit ab, wo es für einzelne Kollegen zu viel zu tun gibt und übernehme Aufgaben, die ich nach meinen Fähigkeiten und Kompetenzen erledigen kann. Eine komplette Arbeitskraft soll und darf ich demnach nicht ersetzen.
In der Teilüberschrift habe ich das Wort „Pflichten“ verwendet. Dazu gehört selbstverständlich, dass ich meine Arbeit ordentlich mache, pünktlich bin usw. Aber auch noch etwas anderes: Ich bin verpflichtet, während meiner BFD-Zeit eine bestimmte Anzahl Bildungstage zu absolvieren. Das klingt vielleicht schlimmer, als es tatsächlich ist: Im Prinzip besuche ich einfach Seminare. Je nach Einsatzstelle und Einsatzort werden die Bildungstage unterschiedlich gehandhabt. Meine Freundin im Klinikum hat zum Beispiel speziell auf das Gesundheitswesen ausgerichtete Seminare für Bundesfreiwillige besucht. Ich kann dagegen sehr frei entscheiden, welche Seminare für mich interessant sind. Diese müssen mir auch nicht zwingend im Arbeitsalltag in meiner Einsatzstelle helfen. Solange ein gewisser Bildungsanspruch erfüllt ist, kann ich (mit Genehmigung) fast alles machen. In anderen Städten wird das wiederum völlig anders organisiert. Zum Teil fahren Freiwillige mehrfach je eine Woche lang zu einem Bildungszentrum, um dort an Seminaren teilzunehmen.
Die Seminare besuche ich auch nicht in meiner Freizeit. Ich nehme dafür auch keinen Urlaub, ich gehe in der Zeit einfach nicht auf Arbeit. Das Beste an den Seminaren sind meiner Meinung nach die Begegnungen mit anderen Freiwilligen. Man trifft Leute aus ähnlichen und anderen Einsatzstellen, kann sich austauschen und neue Kontakte knüpfen.
Nun gibt es den BFD noch nicht allzu lange, viele Leute können mit dem Begriff gar nichts anfangen. Was ist man denn als Freiwilliger? Kein Schüler, kein Student, kein Azubi… Trotzdem kaum Geld. Bekomme ich da eigentlich eine Ermäßigung im Kino? Kann ich günstiger Zug fahren? Damit das einheitlich geregelt ist, bekommen alle Freiwilligen einen Ausweis – den Freiwilligenausweis. Der bestätigt, in welchem Zeitraum ein BFD geleistet wird, und dass der Freiwillige bei Vergünstigungen mit Auszubildenden gleichgestellt wird.

Eine Sache habe ich bisher gar nicht angesprochen: Ein Auslandsjahr. Freiwilligendienste sind natürlich auch im Ausland möglich, werden dann aber wieder von anderen Organisationen geleitet. Für so etwas informiert man sich am besten auch direkt bei diesen Organisationen und kann vielleicht auch Kontakt zu Freiwilligen aufnehmen, die bereits ein Auslandsjahr erlebt haben.

Ja, Nein, Vielleicht…? – Mein Fazit

Natürlich entspringen meine Zeilen hier nur meiner Perspektive – andere Freiwillige haben vielleicht ganz andere Erfahrungen gemacht. Ich erhebe auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, dafür spielen einfach zu viele Dinge eine Rolle, die man alle erwähnen könnte. Bei Interesse könnt ihr euch zum Beispiel noch auf der Seite des BAFzA oder unter www.bundesfreiwilligendienst.de informieren.
Ich kann nicht pauschal sagen, dass ich jedem ein Freiwilligenjahr empfehlen würde. Das hängt von vielen subjektiven Faktoren ab.
Für mich hat es sich absolut gelohnt und ich bin sehr froh und glücklich, diesen Weg gegangen zu sein. Ich war nach dem Abitur total unentschlossen, wie es weitergehen soll, deshalb war es wirklich gut, erst mal etwas ganz anderes zu machen. Kein Stundenplan, kein Lernen. Stattdessen von jetzt auf gleich in den Berufsalltag, und doch ganz ohne Druck. Jetzt weiß ich, was ich machen möchte. Und obwohl ich in diesem Jahr keinen Unterricht hatte, habe ich doch so unglaublich viel gelernt, was mir die Schule nicht beigebracht hat. Macht es mit euch selbst aus, tut das, was sich richtig anfühlt. Wenn ihr noch Fragen habt, könnt ihr mich gern jederzeit kontaktieren, ich versuche alles so gut es geht zu beantworten.
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4 Comments

  • Dreamcatcher

    Ich hab ein FSJ gemacht und mir hat es damals echt viel gebracht. Jetzt studiere ich nicht nur deswegen Lehramt, es bringt mir auch im Studium immer noch was.
    Ich würde es wohl jedem empfehlen, der irgendwas machen will, bei dem man ein freiwilligenjahr machen kann. Man bekommt wirklich einen guten Einblick in das jeweilige Berufsleben und weiß danach wirklich, ob man so was machen will.

    Aber auf jeden fall ein schöner Bericht, der Unentschlossenen sicher helfen wird :)

    Ich bin gerade sehr neidisch auf deine Seminartage…. Ich hatte keine Wahl, mit wem und was gemacht wird. Wir hatten eine Betreuerin und die hat je einen Samstag im Monat und dann noch 3 Wochen gestaltet und ich fand es ätzend. War wie so eine Therapiesitzung im Fernsehen (nach dem Motto wie geht es uns heute) *würg*. Und ansonsten haben wir nur pädagogisch wertvolle Plakate und so gestaltet.

    • LuiseCBB

      So sollte es doch im Idealfall laufen. (Falls also jemand Fragen zum FSJ hat -> an Dreamcatcher wenden ;)) Das stimmt, man bekommt auch einfach viel mehr mit, als zum Beispiel bei einem Praktikum.

      Danke :) Ui, klingt ja spannend ;) Ja, da habe ich es anscheinend wirklich ganz gut getroffen. Ich freu mich immer auf die Seminartage, auch weil sie weniger anstrengend und kürzer als ein normaler Arbeitstag sind.

  • Anonym

    Hallo Luise,
    habe gerade Deinen Block gelesen und freue mich, wie Du Deinen BFD darstellst, find ich sehr gut! Eine kleine Ergänzung: Bei dem Begriff Träger muss man Rechtsträger und Bildungsträger unterscheiden. Rechtsträger war bei Dir die Stadt Jena, Bildungsträger die Jenaer Freiwilligenschule. Im FSJ macht die/der Freiwillige die Vereinbarung mit dem Träger des FSJ (eigentlich der Bildungsträger) – im BFD mit dem Bundesamt für Familie. Die/der Freiwillige wird dann eigentlich in eine Einsatzstelle entsandt, wo er seinen Freiwilligendienst leistet.
    Beste Grüße
    Andreas Ilse

    • Luise W.

      Hallo Herr Ilse,
      herzlichen Dank! Die Unterscheidung von Rechts- und Bildungsträger kannte ich tatsächlich nicht so genau, deshalb vielen Dank für die Anmerkung :)

      Viele Grüße
      Luise

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